Herbarium Chuchuhuasi
ALLGEMEIN
Chuchuhuasi
(Maytenus macrocarpa) ist ein Baum welcher eine Höhe von über 30 Meter
erreichen kann, grosse Blätter und kleine weisse Blüten besitzt und unter
anderem für seine rot-braune, extrem harte Rinde bekannt ist (vgl. Ozturk et
al. 2019: 121). Chuchuhuasi zählt zur Familie der Spindelbaumgewächse
(Celastraceae), wobei Kath (Catha edulis) ein sehr bekannter Vertreter eben
dieser Familie ist. Zu finden ist Chuchuhuasi hauptsächlich im Amazonasgebiet
von Peru, Ecuador und Kolumbien. Dort wird Chuchuhuasi unter anderem von den
Pastazas, Ticunas, Boras, Huitotos, Perbas, Yahunas, Cocamas, Aguarunas und
Jivaros volksmedizinisch genutzt.
Die pulverisierte
Rinde wird dabei in Alkohol eingelegt, gewöhnlicherweise in Aguardiente (Likör aus
Zuckkerrohr) und als ein Tonikum, Aphrodisiakum und für die Behandlung von
rheumatischen Schmerzen genutzt. Oberflächlich wird es auch gegen Hautkrebs
angewandt (vgl. Gonzalez et al. 1982: 73). Auch die Shipibo-Conibo benutzten es
gegen Anämie, Schmerzen und Rheumatismus, wobei es auch als revitalisierend und
antibiotisch gilt (vgl. Tudela-Talavera et al. 2016: 533).
CHUCHUHUASI IN
DER VOLKSMEDIZIN
Der Name
Chuchuhuasi kommt ursprünglich aus der Quechua Sprache und bedeutet so viel wie
„zitternder Rücken“, wobei Chuchuhuasi von verschiedenen ethnischen Gruppen
gegen rheumatische Schmerzen zum Einsatz kommt und auch als Stimulans gilt.
Nach Rätsch und Müller-Ebeling wird in der Gegend von Pucallpa in Peru die
Rinde von Maytenus ebenifolia nicht nur als Stimulans genutzt, sondern ist auch
eine Zutat in Ayahuasca (vgl. Rätsch & Müller-Ebeling 2013: 166).
In der Literatur
gibt es keine eindeutige Abgrenzung von Maytenus macrocarpa und gewissen
anderen Maytenus Arten. So werden Maytenus krukovii, Maytenus ebenifolia,
Maytenus laevis, Maytenus multiflora, Maytenus terapotensis, Celastrus
macrocarpa, Haenkea macrocarpa und Heankea multiflora unter anderem als
Synonyme von Maytenus macrocarpa behandelt (vgl. Taylor 2005: 230ff). Jedoch
scheint dies nicht auf alle Quellen zu zutreffen, doch wird in neueren Quellen
Chuchuhuasi vorwiegend als Maytenus macrocarpa bezeichnet.
Um die Verwirrung
perfekt machen, sei erwähnt, dass es auch verschiedene Pflanzen gibt, die unter
Umständen als Chuchuhuasi bezeichnet werden und in der Volksmedizin verwendet
werden.
Neben
Cheilochinium cognatum und wird auch Erythroxylum catuaba manchmal Chuchuhuasi
bzw. Chuchuhuasha genannt, welche unter anderem im Amazonasgebiet von Peru zu
finden sind. Bei den Shipibo-Conibo ist Heisteria pallida als chocha huasha
bekannt. Die Rinde des Baums wird von den Shipibo-Conibo in Zuckerrohr-Likör
mazeriert und schliesslich mit Honig gesüsst. Dabei werden die Wasser- und auch
Ethanolextrakte zur Behandlung von rheumatischen Schmerzen, Erkältungen und
Beschwerden im Abdomen und Uterus verwendet. Ausserdem wird chocha huasha auch
bei Fieber, Durchfall und als Stärkungsmittel und Tonikum verwendet (vgl.
Rätsch & Müller-Ebeling 2013: 166). Weder Cheilochinium cognatum noch
Erythroxylum catuaba noch Heisteria pallida sollen in diesem Blogpost weiter behandelt werden, der
Fokus dieses Posts liegt auf Maytenus macrocarpa, einer Pflanze die ebenfalls
den Namen Chuchuhuasi trägt.
CATHINON IN DER
GATTUNG MAYTENUS?
In manchen
Quellen ist zu lesen, dass in Maytenus krukovii (ein Synonym für Maytenus
macrocarpa) ebenso wie in Kath (Catha edulis) das stimulierend wirkende Alkaloid
Cathinon enthalten sei (vgl. Gerlach et al. 2016: 291; Tretter 2017: 204;
Baxter et al. 1999: 323; Polya 2003: 187) [1]. Es gibt weder phytochemische
Analysen von Maytenus krukovii bzw. Maytenus macrocarpa, die diese Behauptung
stützen, noch der Ursprung dieser Behauptung konnte gefunden werden.
Catha edulis
scheint als einzige Art der Familie der Spindelbaumgewächse (Celastraceae)
wegen ihrer stimulierenden Eigenschaften kultiviert zu werden. Dabei werden
meist die jungen, frischen Triebe, welche unter anderem Cathin und Cathinon
enthalten, wegen ihrer stimulierenden Wirkung gekaut. In einer Studie wurden
aus der Familie der Spindelbaumgewächse 2 Maytenus Arten und insbesondere Arten
der Gattungen Allocassine, Cassine, Lauridia und Maurocenia auf einen möglichen
Cathinon und Cathin Gehalt untersucht, da diese als Schwester-Gruppen von Catha
edulis gelten. In dieser Hinsicht sind insbesondere Cassine schinoides und
Gymnosporia cassinoides interessant, da die Blätter dieser Pflanzen, ähnlich
wie Khat, gekaut werden um Müdigkeit, Hunger und Durst zu vertreiben. Insgesamt
wurden 44 Arten aus der Familie der Spindelbaumgewächse untersucht, es konnte
in keiner der untersuchten Arten Cathinon oder Cathin festgestellt werden,
ausser in Catha edulis (vgl. Tembrock et al. 2017: 1f). Cassine schinoides
schien einen besonders hohen Gehalt an Terpenen, unter anderem Friedelanon-Triterpene,
welche auch in der Rinde von Chuchuhuasi zu finden sind, zu enthalten. Man hält
es für möglich, dass die Friedelanon-Triterpene für die stimulierende Wirkung
verantwortlich sein könnten, man weiss aber bis dato nur wenig über die Wirkung
dieser Triterpene. Ob diese Triterpene einen stimulierenden Effekt haben
könnten, ist unbekannt (vgl. Tembrock et
al. 2017: 9).
Es scheint recht
fraglich zu sein, dass Maytenus krukovii bzw. Maytenus macrocarpa Cathin oder
Cathinon enthält. Bis jetzt scheint es keine phytochemischen Untersuchungen von
Maytenus krukovii oder Maytenus
macrocarpa speziell auf den Gehalt von Cathin oder Cathinon zu geben. In der
oben erwähnten Analyse enthielten die beiden getesteten Maytenus Arten Maytenus
gonoclada und Maytenus imbricata kein Cathinon oder Cathin.
PHYTOCHEMIE
In der Rinde von
Chuchuhuasi wurden Triterpene, zu welchen Dammara-Triterpene,
Friedelan-Triterpene und Friedelin zählen, gefunden. Auch Conophyllol und
Krukovin A bis E zählen zu den in der Rinde enthaltenen Triterpenen. Weiter
sind in der Rinde die Sesquiterpen-Alkaloide Ebenifolin E-I bis E-V, sowie
Ebenifolin W-I und W-II und auch andere Sesquiterpen-Alkaloide wie Euojaponin
C, F, I und Euonymin enthalten. Andere Sesquiterpen-Alkaloide die in der Rinde
vorkommen sind Maytein, Wilformin und Wilforin. Ausserdem ist in der Rinde auch
noch das Kohlenhydrat Dulcitol zu finden (vgl. Taylor 2005: 230ff).
PHARMAKOLOGIE
Die
anti-bakterielle Wirkung des Ethanol-Extrakts von Maytenus macrocarpa gegen
Pseudomonas aeruginosa wurde in einer Studie nachgewiesen (vgl. Ulloa-Urizar et
al. 2015: 930).
In einer anderen
Studie wurde die anti-depressive und anti-psychotische Wirkung eines
getrockneten Ethanol-Extrakts aus Blättern von Maytenus macrocarpa bei Mäusen
untersucht. Man folgerte aus den Beobachtungen, dass Dosen von 500mg/kg und
1500mg/kg Körpergewicht eine ähnliche Wirkung wie Fluoxetin haben, während die
bei 1000mg beobachtete Wirkung der von Haloperidol ähnlich zu sein schien. Man
ist sich nicht sicher welcher Wirkmechanismus dahinter steckt, hält es aber für
möglich, dass die in den Blättern enthaltenen Terpene oder Polyphenole für
diese Wirkung verantwortlich sein könnten. Auch hält man es für möglich, dass
der Wirkstoff, der diesen Effekt verursacht noch nicht identifiziert wurde
(vgl. Tacuna-Calderon et al. 2018: 34f).
Ausserdem wurde
auch der entzündungshemmende Effekt eines getrockneten Ethanol-Extrakts von
Maytenus macrocarpa Blättern untersucht. Bei den Mäusen verursachte das Extrakt
einen Erregungszustand, einen abnormen Gang, Unterleibskrämpfe, Gänsehaut und
Kratzen. Die entzündungshemmende Wirkung konnte bei Dosen von 1000mg/kg und
1500mg/kg Körpergewicht festgestellt werden und hielt bis zu 5 Stunden an. Die
am meisten entzündungshemmende Wirkung trat bei einer Dosis von 1250mg/kg
Körpergewicht ein, und ähnelte der von Diclofenac (vgl. Lujan-Carplo et al.
2019: 76ff).
Es wurde auch ein
gewisser Effekt der Rinde gegen bestimmte Arten von Plasmodien festgestellt
(vgl. Vasquez-Ocmin et al. 2018: 383).
SAFETY &
TOXICITY
Es scheint wenig
bis gar keine Studien über die Toxizität und Nebenwirkungen von Chuchuhuasi zu
geben. Jedoch raten Lujan-Carpo et al. (2019) aufgrund der beobachteten
Nebenwirkungen bei Mäusen wie Erregungszustände, abnormer Gang,
Unterleibskrämpfe, Gänsehaut und Kratzen eher zur Vorsicht. Ausserdem wurde die
Wirkung einer gemeinsamen Gabe von Chuchuhuasi und Propanolol (=Betablocker zur
Behandlung von Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen) untersucht. Es wurde
festgestellt, dass die gemeinsame Einnahme von Chuchuhuasi und Propanolol sich
schädlich für das Herz auswirken kann (vgl. Zambrano-Huailla et al. 2016: 68).
Daher ist Vorsicht geboten, nimmt man Chuchuhuasi und andere Medikamente ein.
ZUBEREITUNGEN
Chuchuhuasi soll
bitter schmecken, aber dennoch eine gute Basis für Kräutertees sein. Mit 5
Gramm Chuchuhuasi-Rinde lassen sich 2 Liter Tee oder auch eine Teemischung mit
anderen Kräutern herstellen. Die Kräuter werden dabei in Wasser gegeben und
eine Stunde lang bei einer Temperatur von 60°C-70°C ziehen gelassen, Ergebnis
sind 3-4 Liter Kräutertee. Chuchuhuasi Tee kann auch mit Honig, oder einem
anderen natürlichen Süssungsmittel gesüsst werden (vgl. Wolfe 2013: 105f).
HINWEIS
Es handelt sich
keineswegs um eine erschöpfende Darstellung der Daten zu Chuchuhuasi,
dementsprechend sind auch Dosisangaben und Zubereitungen kritisch zu sehen. Obowohl
Chuchuhuasi volksmedizinisch genutzt wird, ist wenig über Nebenwirkungen beim
Menschen zu lesen, daher sollte man beim Genuss von Chuchuhuasi lieber Vorsicht
walten lassen, oder davon absehen. Der Text dient allein zur Information über den Gebrauch in der Volksmedizin.
Quellen:
Baxter, Herbert
et al. (1999): Phytochemical Dictionary. A Handbook of Bioactive Compounds from
Plants. London: Taylor & Francis Ltd.
Gerlach, Manfred
et al. (2016): Neuro-/Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter: Grundlagen und
Therapie. Berlin-Heidelberg: Springer-Verlag.
Gonzalez, J. et
al. (1982): CHUCHUHUASHA – A Drug Used In Folk Medicine In The Amazonian And
Andean Areas. A Chemical Study Of Maytenus Laevis. In: Journal of
Ethnopharmacology 5: 73-77.
Lujan-Carplo,
Elmer et al. (2019): Anti-Inflammatory and Neurobehavorial Effects of the
Leaves from Maytenus macrocarpa (Ruiz and Pavon) Briquet in Mice. In:
Pharmacognosy Journal 11 (1): 75-80.
Ozturk, Munir et
al. (2019): Plant and Human Health, Volume 3. Switzerland: Springer Nature.
Polya, Gideon
(2003): Biochemical Targets of Plant Bioactive Compounds. USA: CRC Press.
Rätsch,
Christian; Müller-Ebeling, Claudia (2013): The Encyclopedia of Aphrodisiacs.
Rochester, Vermont – Toronto, Canada: Park Street Press.
Tacuna-Calderon,
Ana Lucia et al. (2018): Antidepressant and Antipsychotic-like Activity of the
Ethanolic Extract of the Leaves of Maytenus macrocarpa. In: Pharmacognosy
Journal 10 (6): 33-37.
Taylor, Leslie
(2005): The Healing Power of Rainforest Herbs. A Guide to Understanding and
Using Herbal Medicinals. New York: Square One Publishers.
Tembrock, Luke R.
et al. (2017): Employing Two-Stage Derivatisation and GC-MS to Assay for Cathin
and Related Stimulant Alkaloids across the Celastraceae. In: Phythochemical
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Tudela-Talavera,
Pio et al. (2016): Cultural Importance and Use of Medicinal Plants in the
Shipibo-Conibo Native Community of Vencedor (Loreto) Peru. In: Ethnobotany
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Germany: Schattauer GmbH.
Ulloa-Urizar,
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Iquitos-Nauta road communities in Loreto (Peru). In: Journal of
Ethnopharmacology 210: 372-385.
Wolfe, David
(2013): Longevity Now. California: North Atlantic Books.
Zambrano-Huailla,
Rommel et al. (2016): Study on the Temperature, respiratory rate, heart rate
and Electrocardiogram of concomitant administration of Maytenus macrocarpa „Chuchuhuasi“
and Propanolol in escalating doses. In: Pharmacognosy Communications 6 (2):
64-71.
Hyperlinks:
[1]: PCIDB
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