Herbarium Mururé
english version
Duke et al. (2009) geben an, dass bestimmte Amazonas Bewohner die Rinde von Brosimum acutifolium gegen Arthritis und Rheuma nutzen. Ausserdem betrachtet man in Brasilien die Rinde des Baumes als entzündungshemmend, anti-rheumatisch, aphrodisierend, abführend und tonisierend und kommt also bei Arthritis, Magengeschwüren, Schmerzen, Rheumatismus, Hautgeschwüren und Syphilis zum Einsatz. Einige Brasilianer nutzen die Rinde auch als Analgetikum bei beispielsweise Muskelschmerzen und auch bei Bädern gegen Rheumatismus und Hautgeschwüre.
In Kolumbien betrachtet man die Wirkung der Baumrinde als anti-asthmatisch, verdauungsfördernd, abführend und auch tonisierend.
In der Rinde von Brosimum acutifolium wurden Flavane, Flavonoide, Lignane, Phenylpropanoide, Benzenoide und Steroide festgestellt. Viele der in Brosimum acutifolium enthaltenen Verbindungen sind für Wissenschaftler vollkommen neu [3].
Ott, Jonathan (2001): Pharmanopo-Psychonautics: Human Intranasal, Sublingual, Intrarectal, Pulmonary and Oral Pharmacology of Bufotenine. In: Journal of Psychoactive Drugs 33 (3): 273-281.
Takashima et al. (2001): Acutifolins A-F, a New Flavan-Derived Constituent and Five New Flavans from Brosimum acutifolium. In: Journal of Natural Products 64: 1493-1496.
ALLGEMEIN
Mururé (Brosimum
acutifolium) ist eine bis zu über 25 Meter hoch wachsende Baumart welche nicht
nur in Brasilien sondern auch in Bolivien, Peru, Ecuador, Kolumbien und in den
Guyanas vorkommt. Mit Mururé wird auch im speziellen die Rinde von Brosimum
acutifolium bezeichnet, welche in der brasilianischen Volksmedizin unter
anderem als entzündungshemmendes und anti-rheumatisches Mittel gilt (vgl.
Takashima et al. 2005: 654). Ausserdem soll angeblich der aus der angeritzten Rinde
des Baumes gewonnene Milchsaft als Halluzinogen von Schamanen in Französisch
Guyana, Suriname und in der Region östlich des Staates Pará in Brasilien
genutzt werden [1].
TRADITIONELLE
ANWENDUNGEN
Duke et al. (2009) geben an, dass bestimmte Amazonas Bewohner die Rinde von Brosimum acutifolium gegen Arthritis und Rheuma nutzen. Ausserdem betrachtet man in Brasilien die Rinde des Baumes als entzündungshemmend, anti-rheumatisch, aphrodisierend, abführend und tonisierend und kommt also bei Arthritis, Magengeschwüren, Schmerzen, Rheumatismus, Hautgeschwüren und Syphilis zum Einsatz. Einige Brasilianer nutzen die Rinde auch als Analgetikum bei beispielsweise Muskelschmerzen und auch bei Bädern gegen Rheumatismus und Hautgeschwüre.
In Kolumbien betrachtet man die Wirkung der Baumrinde als anti-asthmatisch, verdauungsfördernd, abführend und auch tonisierend.
In Guyana wird
der Milchsaft angeblich auch Ayahuasca hinzugegeben, aber wird genauso gegen
Muskelschmerzen genutzt. In Bädern kommt die Rinde von Brosimum acutifolium in
Guyana bei Fieber zum Einsatz, ausserdem wird dort auch ein Dekokt der Wurzel
gegen Kopfschmerz und zur Verbesserung des Gedächtnisses genutzt.
Die Palikur und
Wayapi inhalieren angeblich den getrockneten Milchsaft in rituellen
Initiationen für halluzinogene Effekte.
In Peru kommt die
Rinde als Analgetikum, gegen Magengeschwüre, Muskelschmerzen, zur Regulierung
des Nervensystems, bei Schwindelgefühlen, als Wurmmittel, als Tonikum und um
den Appetit anzuregen zum Einsatz. Ein Dekokt aus der Rinde oder eine Tinktur
gilt in Peru als antianämisch, entzündungshemmend, als Heilmittel gegen
Syphilis, als Aphrodisiakum, als Abführmittel, auch als ein Mittel gegen
Arthritis, Erschöpfung, Diabetes, Würmer, Verlust des Gleichgewichts,
Rheumatismus, gegen Hefeinfektionen und Fieber.
Die
Shipibo-Conibo verwenden ein Rindendekokt für Magen-Darm-Beschwerden, für die
Reinigung des Blutes und um das Nervensystem zu regulieren.
Die Tikuana
nutzen ein Rindendekokt bei menstruellen Schmerzen und Schmerzen bei der
Schwangerschaft.
Die Wayapi
hingegen nutzen den Milchsaft auch als Schutz gegen Zaubersprüche und Hexerei
(vgl. Duke et al. 2009: 120).
Darüber hinaus
wird das Holz von Brosimum acutifolium als Baumaterial, für Möbel, als
Bodenbelag und für Verpackungen beziehungsweise Kisten genutzt [2].
PHARMAKOLOGIE
In der Rinde von Brosimum acutifolium wurden Flavane, Flavonoide, Lignane, Phenylpropanoide, Benzenoide und Steroide festgestellt. Viele der in Brosimum acutifolium enthaltenen Verbindungen sind für Wissenschaftler vollkommen neu [3].
Zu den
enthaltenen Flavonoiden zählen die Brosimacutine A-M. In einer Studie wurden 27
Verbindungen, die in B. acutifolium enthalten sind, auf cytotoxische Aktivität
geprüft. Es stellte sich bei den Tests an Leukämie-Zellen heraus, dass insbesondere
Brosimakutin K und Luteolin cytotoxische Aktivität besitzen (vgl. Takashima et
al. 2005: 657).
Ausserdem wurden
auch neue Flavane wie zum Beispiel Acutifolin A-F und Brosimin A-B isoliert
(vgl. Takashima et al. 2001: 1493; Torres et al. 2000: 1047).
Zusätzlich wurden
Flavolignane gefunden, die Mururin A, B und C getauft wurden, wobei der Stoff
Mururin C zuvor schon in Salvia miltiorrhiza festgestellt wurde. Zudem zeigten
Mururin A und B Aktivität gegen Protein Kinase A und Protein Kinase C und
konnten diese bis zu einem gewissen Prozentsatz hemmen. Proteinkinasen können
unter Umständen für Krankheiten verantwortlich sein: „Ist eine Proteinkinase
fehlreguliert, trägt sie beispielsweise bei Krebserkrankungen zum Wachstum von
Tumoren bei oder sorgt bei Autoimmunerkrankungen für einen ständigen
Entzündungsstimulus.“ [4].
Correira et al.
(2008) berichten, dass Brosimum acutifolium eine Wirkung gegen Bakterien wie
Staphylococcus aureus, Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus ATCC Strain
besitzt (vgl. Correira et al. 2008: 369).
NEBENWIRKUNGEN
& TOXIZITÄT
Unbekannt.
Aufgrund der
Sprachbarriere waren wichtige und interessante Artikel zu diesem Thema nicht
zugänglich, da diese weder in Deutsch noch in Englisch, sondern nur in
Portugiesisch verfügbar sind.
TAKINI – EIN
HALLUZINOGENER BAUMSAFT?
Laut Moretti et
al. (2006) nutzen die Palikur, die Wayapi und Kali‘ na den
Milchsaft von Brosimum acutifolium als Halluzinogen. Bei den Palikur wird
dieser Milchsaft „tauni“ genannt, die Wayapi bezeichnen ihn als „takweni“,
während der Baumsaft bei den Kali‘ na „takini“ heisst (vgl. Moretti et al. 2006:
198). Nach Moretti et al. identifizierte der Anthropologe Peter Kloos 1968 das „Takini“
der Kali‘ na als Heliocostylis tomentosa und/oder Heliocostylis pedunculata.
1972 jedoch stellte der Botaniker C. C. Berg fest, dass Takini eindeutig
Brosimum acutifolium entspricht. Die von Moretti et al. gesammelten Proben
wurden ebenfalls von Berg eindeutig als Brosimum acutifolium identifiziert
(vgl. Moretti et al. 2006: 199).
Morettis
Forschungen ergaben, dass die Begriffe „takini“ (Kali´ na), „takweni“ (Wayapi)
und „tahini“ (Tiriyo) sich alle auf dieselbe Droge beziehen, welche als
Halluzinogen von Schamanen genutzt wird. Dabei wird unter Umständen bei den
Palikur und Wayapi der Milchsaft getrunken oder auch die Rinde von Brosimum
acutifolium geraucht. Eine genauere Untersuchung der in Französisch Guyana
gesammelten Proben zeigte, dass es sich um eine Unterart handelte, nämlich Brosimum
acutifolium subsp. acutifolium. Die Verbreitung dieser speziellen Unterart soll
sich angeblich nur auf Suriname, Französisch Guyana und auf das Gebiet östlich
von Pará beschränken. Zudem bestätigten chromatografische Analysen des
Materials die Präsenz von Bufotenin, das nach Moretti et al. für die
halluzinogenen Effekte verantwortlich sein soll (vgl. Moretti et al. 2006: 200).
Schultes et al.
berichten in ihrem Buch „Plants Of The Gods“ (2001) über einen heiligen Baum in
Guyana, wobei Schultes besagten Baum als Heliocostylis pedunculata benennt:
"Takini is a
sacred tree of the Guianas. From the red "sap" of the bark a mildly
poisonous intoxicant is prepared. Extracts from the inner bark of two trees
elicit central nervous system depressant effects similar to those produced by
Cannabis sativa. The two species responsible for this hallucinogen are H.
pedunculata and H. tomentosa. These two species of trees are similar. Both are
cylindrical or very slightly buttressed forest giants 75 ft (23 m) tall with
grayish brown bark; the latex is pale yellow or cream-colored. The leathery
lanceolate-elliptic leaves attain a length of 7 in. (18cm) and a width of 3 in.
(8cm). The fleshy, pistillate flowers are borne in gbbose cauliflorous heads.
Very little is known about these trees and they are rarely studied. The
hallucinogen could theoretically originate from either of the related genera
Brosimum or Piratinera. Extracts from the inner bark of both trees have been
pharmacologically studied; they have a softening or dampening effect, similar
to Cannabis sativa.“ (Schultes et al. 2001: 44).
BUFOTENIN
Moretti et al.
sind der Ansicht, dass die halluzinogene Wirkung des Baumes Brosimum
acutifolium subsp. acutifolium auf das im Milchsaft enthaltene Bufotenin
zurückzuführen ist.
Bufotenin ist ein
Tryptamin und strukturell verwandt mit dem Neurotransmitter Serotonin. Es ist
auch in anderen Pflanzenarten wie zum Beispiel Anadenanthera peregrina und
Anadenanthera colubrina, sowie in Schilfarten wie beispielsweise Phragmites
australis und auch im Sekret bestimmter Krötenarten enthalten. Diese Bufo-Arten
sind „chemische Fabriken“, in deren Sekret nur geringe Mengen Bufotenin
enthalten ist. Im Krötensekret sind ausserdem toxische cardioaktive Steroide
enthalten, wie zum Beispiel Bufogenin und Bufotoxin (vlg. Torres et al. 2006:
171).
Berger gibt an,
dass Bufotenin nicht an das Wirkprofil von verwandten Substanzen wie DMT,
5-MeO-DMT, etc. herankommt und hauptsächlich körperlich wirkt. Es kann zu
Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Beklemmung, erhöhten Blutdruck und
anderen Symptomen kommen (vgl. Berger 2017: 44).
WIRKUNGEN VON
BUFOTENIN
Nach Torres et
al. (2006) wurde der erste Bericht über einen „klinischen“ Versuch am Menschen
mit reinem Bufotenin 1956 von Fabing und Hawkins veröffentlicht. Es handelte
sich um eine Studie mit sehr fragwürdigen Methoden, wobei 4 gesunden Häftlingen
Bufotenin in Dosen zwischen 1mg und 16 mg intravenös verabreicht wurde. Die von
den Häftlingen berichteten Effekte umfassten: ein Gefühl der Enge in der Brust
und im Hals, Übelkeit, Erbrechen, Veränderung der Gesichtsfarbe ins Violette,
ein Gefühl des Drucks und der Schwere im gesamten Körper, Kribbeln im Gesicht,
eine beschleunigte Atmung etc. Visuelle Effekte traten bei den höheren
Dosierungen auf, wie zum Beispiel das Sehen von roten und schwarzen Punkten und
Farben, die sich herumbewegten (vgl. Torres et al. 2006: 175). Während der Tests erlitt anscheinend eine „Testperson“
einen Atemstillstand. Trotz dieses Umstandes und der „violetten“ Gesichtsfarbe,
welche womöglich das Ergebnis eines Sauerstoffmangels und einer Gefässverengung
sein könnte, fuhren Fabing und Hawkins fort, den Häftlingen Bufotenin zu
verabreichen (vgl. Torres et al. 2006: 177).
Jonathan Ott
(2001) führte unter anderem einen Selbstversuch mit oral eingenommenem Bufotenin
durch. Ott berichtet bei einer Einnahme einer Kapsel, welche 100mg Bufotenin
enthielt, über das Auftreten von Tinnitus, tryptamintypischen
Körperempfindungen, „mild psychoptic effects“ aber ohne farbige Muster (vgl.
Ott 2001: 277).
HINWEIS – EIN KRITISCHER
BLICK
Die gesammelten
Daten dienen allein der Information und sollen auf keinen Fall zu Experimenten
anstiften. Weiters sind die Daten insbesondere die Forschungsergebnisse von
Moretti et al. kritisch zu hinterfragen. Ausserdem scheint in der Literatur zu
den halluzinogenen Effekten in Bezug auf Mururé/Takini keine Einigkeit zu
herrschen. Moretti et al. bringen den Begriff „Mururé“ mit Brosimum utile in
Zusammenhang, während Matos Vieira et al. darauf hinweisen, dass in Brosimum
utile Bufotenin enthalten sei (vgl. Moretti et al. 2006: 201; Matos Vieira et
al. 2019). Anzuzweifeln ist auch, ob durch das Trinken von in etwa 500ml
Milchsaft (ca. 12,5mg Bufotenin) schon halluzinogene Effekte auftreten (vgl.
Moretti et al. 2006: 201). So bleiben viele Fragen offen, wie zum Beispiel ob „Takini“
tatsächlich von Berg botanisch korrekt bestimmt wurde, oder welche
Substanz für die Effekte verantwortlich ist, sollte es Bufotenin nicht sein? Mehr Forschung in dieser Hinsicht wäre notwendig.
Quellen:
Berger, Markus
(2017): DMT. Forschung, Anwendung, Kultur. Aarau und München: AT-Verlag.
Correira et al.
(2008): Amazonian plant crude extract screening for activity against
multidrug-resistant bacteria. In: European Review for Medical and
Pharmacological Sciences 12: 369-380.
Duke et al.
(2009): Duke´s Handbook of Medicinal Plants of Latin America. Florida: CRC Press,
Taylor & Francis Group.
Matos Vieira et
al. (2019): Mururé (Brosimum acutifolium Huber) in the Treatment of Syphilis in
Colonial Amazonia. In: Ethnobotany. Local Knowledge and Traditions. Florida:
CRC Press.
Moretti et al.
(2006): Identification of 5-hydroxy-tryptamine (bufotenine) in takini (Brosimum
acutifolium Huber subsp. acutifolium C.C. Berg, Moraceae), a shamanic potion
used in the Guiana Plateau. In: Journal of Ethnopharmacology 106: 198-202.
Ott, Jonathan (2001): Pharmanopo-Psychonautics: Human Intranasal, Sublingual, Intrarectal, Pulmonary and Oral Pharmacology of Bufotenine. In: Journal of Psychoactive Drugs 33 (3): 273-281.
Takashima et al. (2001): Acutifolins A-F, a New Flavan-Derived Constituent and Five New Flavans from Brosimum acutifolium. In: Journal of Natural Products 64: 1493-1496.
Takashima et al.
(2002): Mururins A-C, Three New Lignoids from Brosimum acutifolium and their
Protein Kinase Inhibitory Activity. In: Planta Med 68: 621-625.
Takashima et al.
(2005): Brosimacutins J-M, Four New Flavonoids from Brosimum acutifolium and
their Cytotoxic activity. In: Planta Med 71: 654-658.
Torres et al.
(2000): Flavonoids from Brosimum acutifolium. In: Phytochemistry 53: 1047-1050.
Torres et al.
(2006): Anadenanthera. Visionary Plant of Ancient South America. New York-London-Oxford:
The Haworth Herbal Press.
Links:
[1]: Duke´s Handbook of Medicinal Plants of Latin America
[2]: Technical Information on Bolivian Wood Species
[3] Useful Tropical Plants Database
[4] Anti-entzündliche Wirkstoffe
[2]: Technical Information on Bolivian Wood Species
[3] Useful Tropical Plants Database
[4] Anti-entzündliche Wirkstoffe
Kommentare
Kommentar veröffentlichen