Herbarium Akuamma


ALLGEMEIN
Akuamma (Picralima nitida) ist ein in etwa 4-35 Meter hoher Baum, welcher meist im Unterholz wächst und zur Familie der Hundsgiftgewächse zählt. Der Baum ist weit verbreitet in hoch gelegenen Laubwäldern West-Zentral-Afrikas, wo Akuamma auch volksmedizinisch genutzt wird. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich dabei von der Elfenbeinküste bis zum Westen Kameruns und über das Kongo-Becken und Uganda.

Zur ethnomedizinischen Anwendung kommen die Samen, die Früchte, die Blätter, die Rinde und die Wurzeln der Pflanze. Diese Teile der Pflanze werden in Afrika als Aphrodisiakum, zur Behandlung von Malaria, als Antipyretikum und gegen Lungenentzündung genutzt. Weiters kommt Akuamma als Behandlung gegen Magen-Darm-Beschwerden, bei Schmerzen, als Wurmmittel und bei Geschlechtskrankheiten zur Anwendung, wobei der Saft der Blätter bei Ohrenentzündung in die Ohren getropft wird (vgl. Erharuyi et al. 2014: 1f).
IN DER VOLKSMEDIZIN
In Ghana werden beispielsweise die getrockneten und pulverisierten Samen in Kapseln gefüllt und unter dem Namen „Picap“ verkauft. Man geht davon aus, dass die Samen ähnlich schmerzstillende Eigenschaften wie Morphin hätten (vgl. Menzies et al. 1998: 101). In Nigeria hingegen wird ein Syrup namens „MAMA“ verkauft. Beim „MAMA Syrup“ handelt es sich um eine Mixtur aus Alstonia boonei Rindenextrakt und Picralima nitida Samenextrakt, welcher als Malariabehandlung zum Einsatz kommt (vgl. Falodun et al. 2015: 113f). 


Auch Picralima nitida ist bei den Yoruba als Medizin bekannt. „Akuamma“ wird bei den Yoruba auch „Agege“ oder „Obere“ genannt, und wird volksmedizinisch gegen Magenbeschwerden, Lungenentzündung, Würmer, Fieber und gegen Malaria genutzt (vgl. Igboasoiyi et al. 2017: 40).
PHYTOCHEMIE
Als Inhaltsstoffe von Akuamma wurden Alkaloide, Tannine, Saponine, Flavonoide, Terpenoide, Steroide, Polyphenole und Glycoside ausgemacht (vgl. Erharuyi et al. 2014: 2).
Igboasoiyi et al. haben in einem alkoholischen Extrakt der Samen Alkaloide, Tannine, Saponine, Glycoside, Herz-Glycoside, Triterpene, Anthraquinon-Glycoside, Flavonoide und Kohlenhydrate festgestellt. (vgl. Igboasoiyi et al. 2017: 39).
Thomas Anderson Henry und Thomas Marvel Sharp waren in den 1920ern die ersten die 4 Alkaloide aus Akuamma-Samen isolierten. Zu diesem Zeitpunkt konnten sie nur ein einziges Alkaloid genauer charakterisieren und nannten es Akuammin. Akuammin ist jenes Alkaloid welches hauptsächlich in den Samen zu finden ist (vgl. Henry & Sharp 1927: 1951). In späterer Folge isolierte Henry noch 6 weitere Alkaloide und charakterisierte Pseudo-Akuammigin und Akuammilin (vgl. Ramirez et al. 2003: 1891).
Zu den ersten Alkaloiden die isoliert wurden zählen Akuammin, Pseudo-Akuammin, Akuammidin, Akuammicin, Akuammigin, Pseudo-Akuammigin, Akuammilin und Akuammenin. Später wurden noch Picraphyllin, Picracin, Picralin, Picralicin, Picratidin, Picranitin, Burnamin, Pericallin und Pericin entdeckt. Die meisten Alkaloide sind in den Samen von Akuamma zu finden, wobei einige der genannten Alkaloide eine opioide, analgetische Wirkung aufweisen (vgl. Erharuyi et al. 2014: 2).
Akuammin kann man als das Hauptalkaloid bezeichnen, welches man in den Samen finden kann. Es wird als starkes Analgetikum betrachtet und bindet nach Knowles (2016) hauptsächlich an die kappa Opioid-Rezeptoren, aber auch schwach an mu Opioid-Rezeptoren. Stoffe, die an den kappa Opioid-Rezeptor binden sind meistens dafür bekannt eher Dysphorie (=gedrückte Stimmungslage) anstatt Euphorie auszulösen. Weitere beachtenswerte Alkaloide welche mit geringer Affinität an verschiedene Opioid-Rezeptoren binden sind Akuammidin, Akuammicin und Pseudo-Akuammigin (vgl. Knowles 2016).
Das im bekannten Kratom-Baum (Mitragyna speciosa) enthaltene Phyto-Opioid Mitragynin weist strukturelle Ähnlichkeit mit den in Akuamma enthaltenen Alkaloiden auf (vgl. Duwiejua et al. 2002: 77).
PHARMAKOLOGIE
Nach Erharuyi et al. (2014) wurde in einer Studie die opioide, analgetische Wirkung von 5 der in Picralima nitida enthaltenen Alkaloide berichtet. Zu diesen sollen Akuammin, Akuammidin, Akuammicin, Pseudo-Akuammigin und Akuammigin zählen, wobei nach Knowles (2016) Akuammigin zwar analgetisch wirkt, jedoch nicht an Opioid-Rezeptoren andockt. In einer anderen Studie über Picralima nitida wurde eine signifikante Wirkung gegen Malaria nachgewiesen. Weiters hatte ein wässriges Akuamma-Extrakt Effekte gegen Parasiten wie Trypanosoma brucei. Ausserdem bestätigen Studien auch eine Wirkung eines Extrakts aus den Samen von Akuamma eine Wirkung gegen Leishmania-Parasiten. In anderen Studien wurde ein larvizider Effekt bestätigt. Zudem wurde auch die fiebersenkende Wirkung bestätigt, welche sogar vergleichbar mit Aspirin sein soll. Pseudo-Akuammigin zeigte auch eine Aktivität gegen Entzündungen. Akuamma scheint auch anti-mikrobielle Wirkung gegen Escherichia coli, Staphylococcus aureus, Shigella dysenteriae, Proteus vulgaris, Enterobacter cloacae, Streptococcus faecalis, Pseudomonas aeruginosa, Proteus mirabilis, Salmonella typhi, Bacillus cereus und Candida albicans aufweisen zu können. Ausserdem wurde auch eine gewisse Wirkung gegen Magengeschwüre festgestellt und in einer anderen Studie zeigten Methanol- und Ethanol-Extrakte eine anti-diabetische Wirkung. Weiters konnte auch eine cytotoxische Wirkung bei einer in-vitro-Studie menschlicher Brustkrebszellen festgestellt werden (vgl. Erharuyi et al. 2014: 3ff). Es wurde auch nachgewiesen, dass ein Ethanol-Extrakt aus Picralima nitida bei Krankheit die Schleimbildung in den Atemwegen hemmen konnte. In dieser Studie wurde auch ein anti-tussiver Effekt von Akuamma festgestellt, wobei das Extrakt Wirkung gegen durch eine bakterielle Infektion verursachten Husten zeigte. Ausserdem wird auch angenommen, dass Akuamma einen gewissen anxiolytischen Effekt haben kann (vgl. Dapaah et al. 2017: 136ff).
SAFETY & TOXICITY
Es scheint sehr wenige bis gar keine wissenschaftlichen Studien über die Dosierung oder Langzeit-Folgen von regelmässigen Gebrauch von Akuamma zu geben. Es wurde aber die Toxizität des „MAMA Syrups“, welcher Alstonia boonei und Picralima nitida enthält, untersucht. Dabei wurden keine Anzeichen für Toxizität bei Dosen bis zu 5000mg/kg des „MAMA Syrups“ festgestellt (vgl. Falodun et al. 2015: 116). Untersuchungen zeigten, dass die LD50 bei Laborratten für das getrocknete Extrakt der Samen bei 948,68mg/kg liegt (vgl. Inya-Agha et al. 2006: 578). Eine andere Studie untersuchte die LD50 eines wässrigen Extrakts der Samen bei Mäusen, wobei festgestellt wurde, dass diese bei 9120,11mg/kg (vgl. N`dri et al. 2015: 123). Studien zur Toxizität und möglichen Nebenwirkungen beim Menschen konnten nicht gefunden werden. Wesentlich mehr wissenschaftliche Forschung zur Sicherheit und Toxizität von Akuamma ist notwendig.
HINWEIS
Es scheint bis jetzt keine wissenschaftlichen Studien zur Dosierung, Nebenwirkungen und Langzeitfolgen von Akuamma-Konsum beim Menschen zu geben. Daher sind die gesammelten Informationen kritisch zu betrachten. Möglicherweise kann es bei regelmässiger Einnahme über einen längeren Zeitraum hinweg zu einer Gewöhnung kommen, bei der immer höhere Dosen benötigt werden, um denselben Effekt zu erzielen. Auch kann es sein, dass bei regelmässiger Einnahme Akuamma seine medizinische Wirkung verlieren könnte (ähnlich wie sich Resistenzen bei zu regelmässiger Einnahme von Antibiotika entwickeln können). Daher sind bei einem möglichen Konsum wohl besser zwischen den Einnahmen möglichst lange Pausen einzuhalten und generell möglichst sparsam damit zu verfahren, oder von Experimenten generell abzusehen.
Quellen:
Amusa, Saheed Balogun et al. (2017): Yoruba Indigenous Knowledge: A Study of the Nature, Dynamisms, and Resilience of Yoruba Medicine. In: Journal of the Knowledge Economics 8: 977-986.
Dapaah, Gabriel et al. (2017): The possible mode of antitussive and expectorant activity of the ethanol seed extracts of Picralima nitida ((Stapf) Th. & H. Durand). In: Journal of Traditional and Complementary Medicine 7: 133-140.
Duwiejua, M. et al (2002): Pseudo-akuammigine, an alkaloid from Picralima nitida seeds, has anti-inflammatory and analgesic actions in rats. In: Journal of Ethnopharmacology 81: 73-79.
Erharuyi, Osayemwenre et al. (2014): Medicinal uses, phytochemistry and pharmacology of Picralima nitida (Apocynaceae) in tropical diseases: A review. In: Asian Pacific Journal of Tropical Medicine: 1-8.
Falodun, A. T. et al. (2015): Antiplasmodial Properties, Toxicity and Novelty-Induced Behaviour of a Formulation from Picralima nitida and Alstonia boonei. In: European Journal of Medicinal Plants 8 (2): 112-120.
Henry, Thomas Anderson et al. (1927): CCLIV. – The Alkaloids of Picralima Klaineana. In: Journal of the Chemical Society 0: 1950-1959.
Igboasoiyi, Arnold C. et al. (2017): Antimicrobial Properties Of The Seed Extract And Fractions of Picralima nitida (STAPF) T. Durand and H. Durand. In: World Journal of Pharmacy and Pharmaceutical Sciences 6 (7): 39-46.
Inya-Agha, S. L. et al. (2006): Evaluation of Picralima nitida: Hypoglycemic Activity, Toxicity and Analytical Standards. In: International Journal of Pharmacology 2 (5): 576-580.
Knowles, Christopher (2016): Akuamma Seeds. USA: Christopher Knowles.
Menzies, John R. W. et al. (1998): Opioid activity of alkaloids extracted from Picralima nitida (fam. Apocynaceae). In: European Journal of Pharmacology 350: 101-108.
N`dri, Fulgence Kouakou Kouassi et al. (2015): Phytochemical and Toxicological Studies of an Extract of the Seeds of Picralima nitida (Stapf) (Apocynaceae) and Ist Pharmacological Effects on the Blood Pressuer of Rabbit. In: Journal of Biology and Life Science 6 (1): 116-128.
Ramirez, Antonia et al. (2003): Current Progress in the Chemistry and Pharmacology of Akuammiline Alkaloids. In: Current Medical Chemistry 10: 1891-1915.




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